Von Thomas, Gründer von Public Footprint

Wenn Technologie auf Menschlichkeit trifft

Als ich vor einigen Jahren das erste Mal mit einem Anbieter von IT-Workflow-Lösungen sprach, legte mir der Technische Leiter eine 47-seitige PowerPoint-Präsentation vor, vollgepackt mit Diagrammen, Tabellen und Fachchinesisch. Nach 20 Minuten hatte ich einigermaßen verstanden, worum es geht – aber nicht, welches Problem sein Produkt eigentlich für die Kunden löst.

Dies ist kein Einzelfall. Im B2B-IT-Bereich erlebe ich tagtäglich dasselbe Phänomen: Brillante Köpfe entwickeln innovative Lösungen, können aber deren Wert nicht verständlich kommunizieren. Das Resultat? Potenzielle Kunden verstehen nicht, warum sie kaufen sollten.

Das menschliche Gehirn liebt Geschichten, nicht Datenblätter

Unser Gehirn hat sich über Jahrtausende entwickelt, um Geschichten zu folgen, nicht um Datenblätter zu decodieren. Wir können uns leichter an eine emotionale Erzählung erinnern als an eine Liste mit Produktmerkmalen. Das ist keine Marketing-Theorie, sondern Neurowissenschaft.

Eine einfache Geschichte aktiviert nicht nur den Sprachbereich im Gehirn, sondern auch Bereiche, die für sensorische Erfahrungen und Emotionen zuständig sind. Erzähle ich von einem Unternehmen, das durch eine Cloud-Migration 30% Zeit einsparte, werden Zuhörer das vielleicht interessant finden. Erzähle ich aber, wie der IT-Leiter dieses Unternehmens nach der Migration erstmals seit Jahren wieder pünktlich nach Hause kam und den Geburtstag seiner Tochter nicht verpasste, entsteht eine emotionale Verbindung.

Die Kunst der Vereinfachung ohne Verfälschung

Die Herausforderung für B2B-Unternehmen liegt nicht darin, ihre Komplexität zu verstecken, sondern sie auf das Wesentliche zu reduzieren. In meiner über 20-jährigen Erfahrung in der IT-Kommunikation habe ich einen Ansatz entwickelt, den ich den „Drei-Ebenen-Test“ nenne:

  1. Aufmerksamkeit gewinnen: Kann ich in einem Satz sagen, welches Problem mein Produkt löst?
  2. Interesse wecken: Kann ich in einem Absatz erklären, wie mein Ansatz sich von anderen unterscheidet?
  3. Verständnis schaffen: Kann ich auf in drei Minuten die wichtigsten Vorteile mit einer einfachen Geschichte vermitteln?

Wenn eines dieser Elemente fehlt, verlieren Unternehmen potenzielle Kunden an jeder dieser Stationen.

Von Features zu Stories: Der Transformationsprozess

Wie sieht dieser Prozess in der Praxis aus? Hier ein vereinfachtes Beispiel:

Vorher (Feature-orientiert): „Unsere KI-basierte Datenanalyseplattform revolutioniert die Fraud-Detection. Sie nutzt proprietäre Machine-Learning-Algorithmen mit 99,7% Genauigkeit bei der Identifikation von Anomalien in Echtzeit-Datenströmen und reduziert die Falsch-Positiv-Rate um 85% im Vergleich zu herkömmlichen Lösungen.“

Nachher (Story-orientiert): „Stellen Sie sich vor, Sie haben einen wachsamen Assistenten, der rund um die Uhr Ihre Systeme überwacht und nur dann an Ihre Tür klopft, wenn wirklich etwas Wichtiges passiert. Während andere Lösungen Sie mit Fehlalarmen aus dem Schlaf reißen, sorgt unsere KI dafür, dass Sie nur bei echten Problemen aktiv werden müssen. Ein Kunde berichtete, dass sein Team nach drei Monaten mit unserer Lösung endlich wieder ungestörte Nächte hatte – und tagsüber an Innovationen arbeiten konnte, statt ständig falsche Alarme zu bearbeiten.“

Warum Storytelling gerade im B2B-Bereich funktioniert

Im B2B-Umfeld herrscht oft der Irrglaube, Entscheidungen würden rein rational getroffen. Die Forschung zeigt jedoch etwas anderes: Auch hier spielen Emotionen eine entscheidende Rolle. Der Unterschied zum B2C-Bereich liegt nicht im Fehlen von Emotionen, sondern in den Emotionen selbst.

Während B2C-Käufer von persönlichen Wünschen und Sehnsüchten geleitet werden, geht es bei B2B-Käufern oft um berufliche Sicherheit, Anerkennung und Erfolg. Eine gute B2B-Geschichte adressiert diese emotionalen Motivationen:

  • „Diese Lösung macht Sie zum Helden in Ihrem Unternehmen.“
  • „Mit diesem System können Sie endlich nachts durchschlafen, ohne Sorge vor Systemausfällen.“
  • „Diese Plattform gibt Ihnen die Sicherheit, die richtige Entscheidung getroffen zu haben.“

In den 80er-/ 90er Jahren hat der Satz “Nobody Gets Fired For Buying IBM” dieses Sicherheitsdenken schön auf den Punkt gebracht.

Der schwierige Weg zur einfachen Geschichte

Wie können Unternehmen nun für ihr eigenes komplexes B2B-Produkt eine einfache, wirkungsvolle Geschichte entwickeln? Hier sind drei Schritte, die ich mit meinen Kunden durchlaufe:

1. Den Kern freilegen: Was ist das eine Problem, das Ihr Produkt besser löst als jede andere Lösung? Nicht drei, nicht fünf – nur eines.
2. Menschen in den Mittelpunkt stellen: Welche Person profitiert am meisten von Ihrer Lösung? Wie verändert sich ihr Arbeitstag konkret?
3. Vom Ende her denken: Was ist das ultimative Ergebnis, das Ihr Kunde durch Ihr Produkt erreicht? Nicht das technische Ergebnis, sondern die geschäftliche oder persönliche Konsequenz.

Mein Mantra in der Praxis

„Betrachte alles, was Stress verursacht, als Übung in Gelassenheit.“ – Dieses Mantra begleitet mich nicht nur privat, sondern auch in meiner Arbeit mit komplexen B2B-Themen. Die Komplexität eines Produkts kann Stress verursachen, für den Entwickler, den Vermarkter, den Verkäufer und letztlich den Kunden.

Die Kunst liegt darin, diese Komplexität mit Gelassenheit zu betrachten und den Mut zu haben, sie auf ihren Kern zu reduzieren. Eine einfache Geschichte ist nicht das Gegenteil von Komplexität – sie ist ihre Essenz.

Der nächste Schritt

Habt ihr Schwierigkeiten, eure komplexen B2B-Produkte verständlich zu erklären? Lasst Sie uns gemeinsam die einfache Geschichte finden, die in eurem Produkt steckt. Kontaktiert mich gern für ein unverbindliches Gespräch – ich freue mich darauf, zuzuhören und gemeinsam nach dem roten Faden zu suchen, der eure Technologie mit den Bedürfnissen eurer Kunden verbindet.